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Verena Roßbacher
Christian Geyr

Verena Roßbacher erhält den Österreichischen Buchpreis für „Mon Chéri und unsere demolierten Seelen“. Der Debütpreis geht an Lena-Marie Biertimpel für den Titel „Luftpolster“. Die Verleihung fand zum Auftakt der Buch-Wien-Woche in Wien statt.

Österreichischer Buchpreis an Verena Roßbacher

Verena Roßbacher wurde am 21. November für ihr Buch „Mon Chéri und unsere demolierten Seelen“ (Kiepenheuer & Witsch) mit dem Österreichischen Buchpreis ausgezeichnet.

Die Begründung der Jury lautet:

„Charly Benz: Anfang vierzig, Langzeitsingle, ernährt sich von Fertiggerichten, raucht Kette, hört in ihrer Freizeit Bibi Blocksberg Hörspiele und öffnet aus Angst vor schlechten Nachrichten ihre Post nicht. ‚Ja, das war das Problem, ich musste immer alles alleine machen, Essen kochen und Musik machen, mich vor meiner Post fürchten, einfach alles. Ich seufzte. So wie es aussah, würde ich auch meine Kinder in Eigenregie zeugen müssen, sollte ich je welche haben wollen. Ich musste mir eingestehen: Die Zeit arbeitete gegen mich.‘ Das also ist die Romanheldin! Eine desolat-komische Frauenfigur und damit literaturgeschichtlich eine Rarität. Denn komische Frauen haben es schwer bei der Leserschaft. Verena Roßbacher ist es gelungen, mit ihrer Charly Benz nicht nur eine Figur zu schaffen, die man nie mehr vergisst. Sie gesteht ihr auch eine geradezu unglaubliche Persönlichkeitsentwicklung zu. Aus der schrulligen Außenseiterin mit einem Faible für Werbeclips aus den neunziger Jahren (Mon Chéri!) wird im Verlauf dieses rasant lustigen Romans eine Vorreiterin alternativer Lebens- und Liebesmodelle. Nicht nur gibt es auf einmal drei potenzielle Väter für ein Baby. Auch wird ein schwerkranker Mann angstfrei in den Tod begleitet. ‚Mon Chéri und unsere demolierte Seelen‘ erzählt eine Geschichte vom Loslassen. Zwischendrin gibt es Slapstick vom Feinsten. Lustige Frauen, das lernen wir mit Verena Roßbacher, sind einfach unwiderstehlich!“

Für die Shortlist nominiert waren außerdem: Helena Adler – Fretten (Jung und Jung), Reinhard Kaiser-Mühlecker – Wilderer (S. Fischer), Anna Kim – Geschichte eines Kindes (Suhrkamp) und Robert Menasse – Die Erweiterung (Suhrkamp). Der Österreichische Buchpreis ist mit 20.000 Euro dotiert, die vier weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. 

Debütpreis an Lena-Marie Biertimpel 

Der Debütpreis ging an Lena-Marie Biertimpel für den Titel „Luftpolster“ (Leykam).

Die Begründung der Jury lautet:

 „Vom Suizidversuch der Schwester aus der Bahn geworfen, begibt sich ‚Peach‘, die Ich-Erzählerin, freiwillig in der Psychiatrie. ‚ich funktioniere nur in gedanken. die gedanken sind wie wellen und ziehen mich in die tiefe, bis ich keine luft mehr bekomme‘. Der streng getaktete Klinikalltag gibt ihr Halt: Morgenspaziergang, Medikamentenausgabe, Therapien aber auch die gemeinsamen Zigaretten im Raucherraum mit einer Mitpatientin. Die Geschichte pendelt zwischen dem Jetzt und ‚vor monate‘ und ‚vor jahren‘. In diesen Rückblenden erfahren wir von Peaches schwieriger Beziehung zu ihren Eltern, von denen sie mittlerweile weit entfernt wohnt. Und wir lernen ihren Freund Johnny kennen: ‚vielleicht waren messer unsere worte und küsse fäden, mit denen wir gegenseitig unsere wunden nähten‘. Absolute Kleinschreibung – bis auf die Namen –, keine Anführungszeichen bei direkter Rede und Kürzestkapitel formen die Geschichte, die so ihren ganz eigenen, poetischen Sound entwickelt. Und wir sehen auch, dass Gender* in einen modernen literarischen Text passen. Ein eindringliches Debüt, wuchtig und zärtlich zugleich.“

Für die Shortlist-Debüt nominiert waren außerdem: Sirka Elspaß – ich föhne mir meine wimpern (Suhrkamp) und Anna Maria Stadler – Maremma (Jung und Jung). Der Debütpreis im Rahmen des Österreichischen Buchpreises ist mit 10.000 Euro dotiert, die zwei weiteren Titel der Shortlist mit jeweils 2.500 Euro. Der Debütpreis wird von der Arbeiterkammer Wien gestiftet.

Die Jury für den Österreichischen Buchpreis setzte sich 2022 aus Bernhard Bastien (Buchhändler, Buchhandlung Lerchenfeld), Edith-Ulla Gasser (Redakteurin, Ö1), Stefan Gmünder (Literaturkritiker, Der Standard und Volltext), Katharina Teutsch (Literaturkritikerin, FAZ) und Günther Stocker (Literaturwissenschafter, Universität Wien) zusammen.

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